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Ein Überblick über die Begriffe der digitalen Gesundheitsversorgung

von Luisa Schumann am 16. August 2019

ehealth

Lost in Translation? Mit zunehmender Digitalisierung im Gesundheitswesen haben sich auch zahlreiche Begriffe verändert. Das kann schon mal verwirrend sein.

Telemedizin, eHealth, eGK, mHealth – wie bitte? In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Begrifflichkeiten in der deutschen Gesundheitsbranche stark verändert. Gesundheit heißt jetzt immer öfter „health“, traditionelle Begriffe wie „Rehabilitation“ und „Medizin“ schieben nun die Vorsilbe „Tele“ vor sich her und verschiedene Buchstaben geben Hinweise darauf, um welche Art der Gesundheitsvorsorge es sich handelt. Dieser Artikel soll Patient*innen wie Beschäftigten der Gesundheitsbranche einen Überblick über Begrifflichkeiten und die historische Entwicklung moderner Technologien in der Gesundheitsbranche geben.

Am Anfang stand der Begriff „Telemedizin“. Er tauchte bereits 1950 in der medizinischen Fachliteratur auf. Es ging dabei um die Übersendung radiologischer Bilder. Sie sollten zukünftig nicht mehr nur per Post oder Kurier, sondern auch über das analoge Telefonnetz übertragen werden können. Man kann sich vorstellen, was das für Spezialist*innen aller Disziplinen bedeutete: bei besonders schwierigen Fällen konnten nun auch unter Zeitdruck Kolleg*innen befragt werden, die in anderen Städten oder Ländern praktizierten. So konnte man sich mit anderen Spezialist*innen besprechen, fragen, ob diese vielleicht schon einmal einen ähnlichen Fall gehabt hatten, Zweitmeinungen einholen. Schon 1959 gab es dann erste Videoübertragungen zwischen medizinischen Einrichtungen. Auch wenn die Verbindungen damals nicht so stabil waren wie heute und Videoübertragung damals sicher nicht unserer heutigen Interpretation des Wortes entsprach, so stellten sie doch einen Meilenstein in der Medizingeschichte dar.

In den 1960er Jahren begannen schließlich Mitarbeiter*innen der neu entstehenden Branche „Medizininformatik“ Systeme zu entwickeln, welche Daten von Patient*innen verwalten sollten. Diese Systeme standen erst einmal nur Kliniken und Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung. Doch schon bald profitierten erste Patient*innen davon, die beispielsweise in entlegenen Regionen lebten und nun erstmals auch ohne wochenlange Anreise von einem Arzt oder einer Ärztin beraten werden konnten.

Der Begriff Telemedizin steht also ganz einfach für die medizinische Versorgung oder Beratung mithilfe von Kommunikationstechnologien. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMfG) definiert den Begriff folgendermaßen: „Telemedizin ermöglicht es, unter Einsatz audiovisueller Kommunikationstechnologien trotz räumlicher Trennung z.B. Diagnostik, Konsultation und medizinische Notfalldienste anzubieten“ (BMfG, 2015).

Schon bald gab es neben dem Postweg nicht mehr nur das Telegramm und das Telefon, sondern auch das Internet. Während dieser neue Kommunikationsweg sich immer größerer Beliebtheit erfreute, wurden nebenbei immer mehr Geräte entwickelt, welche die Kommunikation per Internet und Telefon erleichtern sollte. Nicht lange dauerte es, bis auch die Gesundheitsbranche begann, diese Technologien für sich zu nutzen, womit ab den 1990er Jahren auch ein neuer Begriff eingeführt wurde: eHealth. Er beschreibt laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die „kosteneffiziente und sichere Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung der Gesundheit und gesundheitsnaher Bereiche, worunter u.a. Gesundheitsdienstleistungen, Gesundheitsüberwachung, Literatur mit Gesundheitsbezug sowie Gesundheitsaufklärung und -wissen sowie Forschung fallen“ (WHO, 2005).

Illustration of eHealth

Illustration of eHealth

In Deutschland wurde 2015 schließlich ein Gesetz verabschiedet, welches die Einführung einer Telematik-Infrastruktur festlegte, welche Mitte 2016 beginnen und bis Mitte 2018 alle Praxen und Krankenhäuser mit einer digitalen „Datenautobahn“ versorgen sollte. Neben der komplexen Erarbeitung des Projektes von IT-Seite wurde hierzu zuerst die elektronische Gesundheitskarte (eGK) eingeführt, auf welcher Name, Geburtsdatum, Anschrift sowie Krankenversicherung, Versichertennummer und Versichertenstatus gespeichert und von Praxen und Kliniken abgerufen werden können.  Ein Überblick über sogenannte Notfalldaten, wie z.B. Allergien oder Vorerkrankungen soll weiterhin die Versorgung in einem Notfall vereinfachen, während ein auf Wunsch auf der Karte gespeicherter Medikationsplan verhindert, dass von verschiedenen Ärzt*innen verschriebene Medikamente gefährliche Wechselwirkungen entwickeln. Die Einführung der eGK hat sich allerdings auf Grund von Kritik seitens der Gesundheitsdienstleister gewaltig verzögert und ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Momentan sind auf den Karten lediglich die Versicherungsstammdaten hinterlegt.

Während die eGK für Patient*innen bisher also keinen großen Vorteil mit sich bringt und auch eHealth-Lösungen eher der Vereinfachung von Datenübertragung durch Gesundheitsanbieter dienen, sorgen sogenannte mHealth-Anwendungen dafür, dass Patient*innen aktiv an ihrer eigenen Versorgung teilhaben und ihre gesundheitsbezogenen Daten verwalten können. Hierbei geht es in erster Linie um Mobiltelefone, bzw. Smartphones, aber auch Tablets und sogenannte Persönliche Digitale Assistenten (PDA’s), die allerdings heute kaum noch genutzt werden. Laut WHO steht der Begriff mHealth für „medizinische oder öffentliche Gesundheitsvorsorge mithilfe von mobilen Endgeräten wie Mobiltelefonen, Patientenmonitoren, PDA’s oder anderen drahtlosen Geräten“  (WHO, 2011).

Durch mHealth-Anwendungen sollen Patient*innen die Möglichkeit bekommen, selbst Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Dies kann beispielsweise durch den Austausch mit anderen Betroffenen oder ärztlichem Personal oder durch den Zugang zu Informationen über Risiken und präventive Maßnahmen geschehen.

Einen weiteren Schritt in Richtung Selbstständigkeit nach einer Erkrankung bieten Anwendungen der Telerehabilitation. Im Frühjahr dieses Jahres genehmigte die Deutsche Rentenversicherung erstmals stationären und ambulanten Reha-Einrichtungen die Nachsorge mittels Telerehabilitation. Patient*innen, die an keinem Nachsorgeprogramm in der Klinik teilnehmen können, können also erstmals ein vergleichbares Training zuhause per App durchzuführen. Einen ausführlichen Artikel zum Thema Telerehabilitation finden Sie hier

Was kommt als nächstes? Vor allem die Gesundheitsbranche ist im Moment prall gefüllt mit neuen Ideen, wir können also viele spannende Neuerungen erwarten. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt allerdings, dass trotz der rasanten Entwicklung neuer Technologien selbst gesetzlich festgelegte Maßnahmen oft viel länger dauern, als geplant. Die Implementierung von neuen Informationstechnologien ist eben nicht immer ganz einfach – aber immerhin wissen wir jetzt, wofür die komplizierten Vokabeln stehen.