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Leben mit der Pandemie: Acht Lehren für unsere Gesundheit

von Luisa Schumann am 01. Juli 2020

Patientin vor dem Caspar Bildschirm

In den vergangenen Wochen stand die Welt Kopf. Dabei haben wir so einiges über unsere Gesundheit gelernt und unser Leben angepasst. Sie auch?

Noch vor einem Jahr war Telemedizin für die meisten Menschen in Deutschland Zukunftsmusik. Arztbesuch per Videocall? Für viele undenkbar. In deutschen Medizineinrichtungen, wo das Archiv oft noch im Keller und Termine im Papierkalender stehen, stand die muffige Luft der Vergangenheit. Deutschland war dabei, den Absprung zu verpassen. 

Doch wer nicht springen will, dem hilft manchmal ein kleiner Schubser. Dieser tauchte im Februar in Deutschland in Form eines Viruses auf. Mit einem Mal befand sich die medizinische Versorgung in freiem Fall - und musste sich irgendwie selbst retten. Telemedizin, die für die meisten bisher nach Raumschiffen und Robotern klang, war auf einmal topaktuell und machbar. 

Wir alle haben in den vergangenen Monaten einiges gelernt, was die eigene Gesundheit angeht. 

1. Das eigene Zuhause kann Büro, Fitnessstudio und Arztpraxis sein. Wichtig ist nur, dass man nach getaner Arbeit die Tür zumacht. 

Mit einem Schlag wurde die Welt viel, viel kleiner. Geschäftspartner aus fernen Ländern konnten nicht einfach so besucht und Wochenenden nicht mehr am Kilometer entfernten Sehnsuchtsort verbracht werden. Das Leben spielte sich zuhause ab, mit allem was dazu gehört. Und nicht zu wenige Menschen fanden: das geht. Sport zuhause, Homeoffice, Arzttermine per Telefon - alles möglich. Dabei helfen natürlich Softwarelösungen, an denen schon vor der Krise so manch schlauer Kopf tüftelte. Vor einigen Jahren wäre das so noch nicht möglich gewesen, doch nun kann vieles einfach per App oder online erledigt werden. 

Das bietet natürlich ungeahnte Möglichkeiten - mehr freie Zeit, weil wir uns den Arbeitsweg sparen, Arbeitstage in Jogginghose und erhebliche Kosten, die sich Unternehmen an Raummiete und Arbeitsplätzen sparen. Aber nicht umsonst warnen Psycholog*innen vor dem ständigen Homeoffice. Es ist nämlich wichtig, Freizeit und Arbeit zu trennen. Wobei “Arbeit” den tatsächlichen Job meinen kann, aber auch Arzt- oder Therapietermine, sowie das Heimtraining. All das ist wichtig, aber niemand kann sich am Schreibtisch konzentrieren, wenn direkt daneben der Heimtrainer mit einem schweren Intervalltraining wartet und die letzte Psychotherapiesitzung per Videocall an eben jenem Schreibtisch absolviert wurde. Was also tun? “Besonders wichtig ist es, dass man sich klare Zeiten setzt. Das Problem im Homeoffice sind oft die fehlenden Pausen und die fließenden Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit. Tragen Sie sich also feste Pausen ein”, empfiehlt Henrik Grobe, psychologischer Psychotherapeut bei Caspar. “Außerdem ist die räumliche Trennung verschiedener Aktivitäten wichtig. Wenn Sie am Schreibtisch arbeiten, gehen Sie für Therapiesitzungen oder Arztgespräche zum Beispiel in die Küche oder auf’s Sofa. Räumen Sie Ihren Arbeitscomputer am Ende des Tages bewusst weg. Überhaupt ist es wichtig, bewusst Verpflichtungen und Freizeit zu trennen. Entspannung fängt im Kopf an - wenn Sie sich also sagen, “jetzt habe ich Freizeit” oder “jetzt beginnt mein Wochenende”, dann haben Sie den wichtigsten Schritt schon getan.”

2. Das Internet ist Freund, nicht Feind.

Wenn Softwarelösungen oder Angebote über das Internet in der Vergangenheit Schlagzeile machten, dann selten aus glorreichen Gründen: mal gab es ein Datenleck, mal wurde Cybermobbing zugelassen oder ein Virus hatte sich eingeschlichen. 

Doch spätestens seit der sogenannten Corona-App wissen wir: Das Internet kann auch helfen. Es kann Infektionsketten nachverfolgen, Kommunikation zwischen Ländern ermöglichen, dabei helfen, die Ausbreitung des Virus nachzuverfolgen und die Verfügbarkeit von Intensivbetten darstellen. Und schließlich hat das Internet ermöglicht, dass viele von uns weiter arbeiten konnten: von zuhause nämlich, vor dem heimischen Computer. 

3. Nicht alles kann digital erledigt werden, aber vieles. 

Na, was haben Sie so alles in den vergangenen Monaten zum ersten Mal online erledigt? War es nur der Einkauf oder ein Sportkurs? Oder haben Sie sogar ein Familienessen über Zoom oder Skype veranstaltet, einen Arzttermin wahrgenommen oder an einer Messe teilgenommen? 

Die Welt hat gemerkt: vieles geht auch online. Das ist zwar erst einmal ungewohnt, spart aber Zeit und Geld und schont obendrein noch die Umwelt. Es gibt aber auch Dinge, für die man eben jemanden persönlich sehen muss, und gerade diese sind oft kritisch: Bei akutem Brustschmerz zum Beispiel sollten Sie weiterhin den Notarzt rufen und auch Schlaganfallsymptome müssen ernst genommen und im Zweifelsfall von einem Arzt abgeklärt werden. 

Laut der Berliner Charité kamen im April 2020 circa 40% weniger Menschen mit Verdacht auf Herzinfarkt oder Schlaganfall in die Notaufnahme. Das ist fatal, denn gerade in diesen Fällen zählt jede Sekunde. 

Wir sehen: Das Internet kann viel mehr, als wir dachten. Aber eben nicht alles. 

4. Bestimmte Situationen erfordern es, die Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Und das ist auch gut so. 

Während Arztpraxen nur noch Notfälle aufnahmen, Physiotherapiepraxen nur in einigen Bundesländern geöffnet und Fitnessstudios sogar durchweg geschlossen waren, mussten wir alle eines besonders tun: auf unseren Körper hören. Denn da war kein Trainer mehr, der einmal die Woche zur immer gleichen Zeit die Muskeln schund und auch keine Physiotherapeutin, welche die Homeoffice geplagte Halswirbelsäule wieder richten konnte. 

Und wer den Körper fragte, der bekam Antworten: “Hey, steh mal wieder auf, dein Nacken tut weh” oder “Ich fühle mich schlapp und aufgequollen. Ich glaube, du brauchst Bewegung” oder auch nur “Ich habe Hunger”. Es gibt sicherlich Menschen, denen das zuhören schwer fiel, aber wer zu Coronazeiten damit angefangen hat, der wird noch lange davon profitieren. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: viele Menschen haben wieder angefangen, selbst zu kochen. Dabei haben sie gemerkt, dass Kochen Spaß macht und meistens viel gesünder ist, als Essen zu gehen. Unser Tipp: behalten Sie sich diese Gewohnheiten bei, auch wenn langsam die Normalität wieder einkehrt. Hören Sie auf ihren Körper und kochen Sie, sooft es geht, selbst. Ihr Gesundheit wird es Ihnen danken. 

5. In postakuten Bereichen sichert Telemedizin den Therapieerfolg - in der Pandemie und danach.

Wir haben es schon gesagt: Die akutmedizinische Behandlung ist wichtig, ob mit Pandemie oder ohne. Menschen mit entzündeten Blinddärmen müssen operiert und Babies entbunden werden. Zahnschmerzen sollten genauso abgeklärt werden, wie Herzrhythmusstörungen. Zum Glück haben wir in Deutschland ein Gesundheitssystem, in dem viel Zeit, Geld und Ressourcen in die Akutbehandlung fließen. Dieser Tatsache und dem schnellen Handeln der Politik war es schließlich zu verdanken, dass in Deutschland Covid-Erkrankte aus dem Ausland aufgenommen und beatmet werden konnten. Ausrüstung und Personal ist hierzulande in den Kliniken in der Regel vorhanden, um den ankommenden Kranken zu helfen. 

Anders sieht es im postakuten Bereich aus, denn sind die Patient*innen erst einmal versorgt, operiert oder erstbehandelt, werden Sie oft lediglich mit einigen Empfehlungen entlassen. Informationen zum Umgang mit der Krankheit im Alltag? Fehlanzeige. Verordnungen für Physiotherapie, Ergotherapie? Können Sie sich bei Hausarzt oder -ärztin besorgen. Weitere medikamentöse Einstellung und Wundversorgung? Oft mit Ibuprofen und einigen Pflastern schnell abgespeist. 

Tatsache ist: für die postakute Behandlung fehlen auf beiden Seiten oft Zeit und Ressourcen, also bei Patient*innen, wie auch in den Kliniken. Hier kann Telemedizin helfen, denn viele postakute Maßnahmen können ganz einfach per App durchgeführt werden. Die Telemedizin ermöglicht so, dass Therapeut*innen wie Ärzt*innen mit den Behandelten in Kontakt bleiben, während diese in den Alltag zurückkehren. Dank der Unabhängigkeit von Zeit und Ort ist dies sogar möglich, wenn man aufgrund eines Lockdowns zuhause oder während der Geschäftsreise in einer anderen Stadt festsitzt. 

6. Wenn das alltägliche Leben ausfällt, müssen wir uns um uns selbst kümmern. 

Doch nicht nur Therapien und Arztbesuche fielen während des Lockdowns aus, auch die Freizeit beschränkte sich auf Tätigkeiten in den eigenen vier Wänden. Auf der ganzen Welt hörten Freunde auf, sich zu treffen, Familienessen verwandelten sich in Telefonate, Musikunterricht fand per Videoschalte statt und Sportmannschaften trafen sich höchstens über das Internet. 

Was also tue ich, wenn ich meine Freunde nicht sehen und meine Familie nicht umarmen kann? In den sozialen Medien tauchten tausende von Videos von Menschen auf, die ihre Zeit sinnvoll nutzten. Sie renovierten die Wohnung, übten Handstand, lernten eine neue Sprache. Was die sozialen Medien viel weniger zeigten, waren Menschen, die lustlos auf dem Sofa lagen, obwohl es von denen mindestens genauso viele gab. 

Wir alle lernten also, was wir brauchen, um glücklich zu sein. Reichen mir die eigenen vier Wände, ein Handy und ein voller Kühlschrank? Oder brauche ich den persönlichen Kontakt zu Freunden, die Umarmung von Familienmitgliedern? Wie wichtig sind mir Partys und durchtanzte Nächte? Oder ist es letztlich die Natur, die fehlt, wenn ich nicht rausgehen kann? 

Während Hotelbuchungen storniert und Reisen abgesagt wurden, machten wir alle eine kleine Reise - zu uns selbst. Es ist nicht einfach, sich um sich selbst zu kümmern. Aber es kann gut funktionieren. Wie genau das geht, konnten die meisten in den vergangenen Wochen und Monaten herausfinden.

7. Telemedizin sichert die Versorgung derer, die nicht mobil (genug) sind. 

Die Mobilität war während der Coronakrise vor allem durch Vorschriften eingeschränkt. Öffentliche Verkehrsmittel boten ein Infektionsrisiko, Bahnfahrten fielen zu großen Teilen aus, mit dem Auto konnte man sich teilweise nur bis an die Grenzen des eigenen Bundeslandes bewegen. 

Doch auch ohne Krise gibt es Menschen, deren Mobilität eingeschränkt ist. Das muss nicht immer an einer Behinderung oder eingeschränkter Fahrtüchtigkeit liegen, oft ist es auch einfach Zeitmangel oder eine zu große räumliche Entfernung. Auf dem Land lebende Personen zum Beispiel haben die Videosprechstunde ihrer Hausarztpraxis sehr Willkommen geheißen, auch wenn sie jung und gesund waren oder gar ein Auto besaßen. Denn: sie mussten nun nicht mehr stundenlang fahren, um einen Rat einzuholen. Auch die Krankschreibung ohne persönliche Vorstellung bei Ärztin oder Arzt hat so manch einem Kosten, Schmerzen oder Zeit erspart. 

Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch nach der Krise noch Menschen geben wird, die nicht aus dem Haus gehen können. Auch diese haben einen Anspruch auf medizinische Versorgung - hier kann Telemedizin helfen.

8. Mit der Zeit zu gehen ist wichtig, wenn man in Krisen von der Digitalisierung profitieren will. 

Deutschlands Schulen sind nur ein Beispiel für Institutionen, die mit der plötzlich erzwungenen Digitalisierung nicht klarkamen. Denn so einfach es scheint, reicht Internet doch häufig nicht aus, um Prozesse zu digitalisieren. Ebenso wichtig wie das funktionierende Internet ist eine Infrastruktur. Wo speichere ich meine Daten, wie kommunizieren wir in der Gruppe? Wie sorge ich als Lehrer*in dafür, dass ein Schüler oder eine Schülerin mir Dokumente schickt, die ich auch öffnen kann? Welche Tools kann ich als Unternehmen nutzen, um die Arbeitszeit meiner Mitarbeiter*innen zu tracken? Und vielleicht am wichtigsten: wie reden wir mit Opa, wenn er weder Tablet noch Smartphone hat? 

Mit der Zeit zu gehen ist schwierig und kann anstrengend sein. Ständig gibt es technische Neuerungen, bessere Tools, sichere Software, schickere Plattformen. Aber es lohnt sich, auf dem Laufenden zu bleiben. Denn wenn die Krise dann kommt, sind wir gewappnet. Nächstes Mal sogar noch besser.