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Ein Erfahrungsbericht: Wie ich den Wind auf meiner Haut spürte

von Isabelle Scheer am 13. August 2021

Frau meditiert

Wir haben die neuen Achtsamkeitsübungen in der Caspar-Bibliothek ausprobiert und berichten von unseren eigenen Erfahrungen und Empfindungen.

Sie kennen es sicher: Gleich mit dem Aufstehen fangen wir an, über den Tag nachzudenken. Was muss ich heute alles erledigen? Was ziehe ich gleich an? Und warum schmerzt mein Rücken immer noch?. Wir alle haben zahlreiche Gedankenketten, Sorgen und Erwartungen an uns selbst, die uns im Alltag begleiten. Beim Frühstück lesen wir parallel die Nachrichten oder werfen einen ersten Blick in den E-Mail-Eingang. Das kann sehr anstrengend sein.

Doch es gibt Möglichkeiten, sich von dem Stress zu befreien und Gedanken und Sorgen ziehen zu lassen. Das Thema Achtsamkeit wird in diesem Zusammenhang immer populärer, doch vielen fehlt eventuell noch das Wissen und der richtige Zugang, um den Alltag achtsamer zu gestalten. Daher, und aufgrund der gesundheitlichen Vorteile für Körper und Geist, haben wir uns bei Caspar Health entschieden, einen Wissenskurs  und einzelne Übungen zu Achtsamkeit in unsere Bibliothek zu bringen. Der Kurs enthält hilfreiches Basiswissen über das Thema  und erklärt alles Notwendige, um gut vorbereitet mit der Achtsamkeitspraxis starten zu können. Wir wollen Patient*innen mit Hilfe von Achtsamkeit die Rückkehr in ihren Arbeitsalltag nach der Reha erleichtern.

Bevor wir Ihnen allerdings einfach erklären, was Achtsamkeit ist und welche positiven Auswirkungen es hat, habe ich mir gedacht: Die Achtsamkeitsübungen probiere ich selbst mal aus und berichte von meinen eigenen Erfahrungen.

Mit Achtsamkeit habe ich mich vorher noch nie bewusst auseinander gesetzt. Ein paar Yoga Einheiten hier und da, aber ist das bereits Achtsamkeit? Das wollte ich genauer wissen. Deswegen habe ich mich mit unserem Psychologischen Psychotherapeuten Henrik Grobe auf einer gemütlichen Bank in einem Berliner Innenhof getroffen. Henrik erklärte mir, dass Achtsamkeit eine Praxis aus der Meditation ist, bei der man sich selbst oder seine Umgebung genau wahrnimmt und die Eindrücke nicht bewertet und nicht beeinflusst. Zum Beispiel können wir unseren Atmen beobachten und durch den Fokus verändern. Oder vielleicht kennen Sie auch aus eigener Erfahrung achtsame Erlebnisse, wie das Beobachten der Landschaft bei einem Spaziergang oder das hingebungsvolle Eincremen der Hände. Mit Achtsamkeit wird kein Ziel verfolgt, wir nehmen einfach nur wahr. Der Fokus liegt nicht auf gestern oder morgen, sondern auf dem Hier und Jetzt. Dadurch lernen wir uns besser kennen und das hat positive Auswirkungen auf das eigene Stresserleben, die emotionale Bewältigung, Konzentration und Entspannung.

Die “3-2-1 Strategie”

„Einfach nur wahrnehmen“ ist allerdings gar nicht so einfach. Unser Gehirn ist darauf programmiert, Probleme zu identifizieren und zu lösen und daher erfordert Achtsamkeit etwas Übung. Unser neuer Kurs in der Caspar Bibliothek enthält zahlreiche Übungen, die dabei helfen mit dem Thema vertrauter zu werden und Achtsamkeit ohne viel Aufwand in den Alltag zu integrieren. Henrik führte mich auf der Parkbank zunächst durch die Übung “3-2-1 Strategie”. Dabei wird die Aufmerksamkeit im ersten Schritt sanft auf drei Objekte gelenkt, die wir sehen können. Danach werden drei Geräusche in der Umgebung fokussiert sowie anschließend drei Tastempfindungen, die wir spüren können. Dieses Vorgehen wird für jeden Sinneseindruck mit zwei und einem Objekt wiederholt. Wie bei den meisten Achtsamkeitsübungen startet man mit einer aufrechten, aber bequemen, Körperhaltung und atmet erstmal tief und bewusst durch. Während man die Sinneseindrücke für sich benennt, lässt man alle aufkommenden Gedanken ziehen und versucht die Wahrnehmungen nicht zu bewerten.

Der Wind auf meiner Haut

Und als ich so da saß und mich auf meine Sinne konzentrierte wurde ich immer ruhiger. Ich spürte den Wind auf meiner Haut, hörte das plätschern eines Brunnens und sah die grünen Blätter der Hecke. Auf einmal fiel mir auf, dass an einer Fensterscheibe ein kleines Kind stand und uns anlächelte. Und meine Aufgaben für den Tag waren plötzlich gar nicht mehr so präsent in meinem Kopf. Zusammenfassend kann ich sagen, dass man bei der Übung viele Kleinigkeiten wahrnimmt, der Fokus im Hier und Jetzt schärfer ist und Abstand zu den Alltagssorgen gewinnt. 

Besonders bei dem letzten Aspekt bin ich überzeugt, dass die Achtsamkeitspraxis Patient*innen in der Rehabilitation unterstützt. Denn nicht nur Alltagssorgen verfliegen dabei, auch zu Schmerzen und Leiden kann man einen größeren Abstand gewinnen. Dies ist bei der Krankheitsbewältigung ein sehr hilfreicher Aspekt. Zusätzlich sehen sich Patient*innen nach ihrem Rehabilitationsaufenthalt häufig wieder mit einigen Problemen konfrontiert. Auch da können kurze Achtsamkeitsübungen im Alltag helfen, 1-2 Minuten reichen vollkommen aus.

Für diese wenigen Minuten Achtsamkeit ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten. Ob nach dem Aufstehen, in der Mittagspause oder anstelle des kurzen Griffs zum Handy um zwischendurch die Nachrichten zu checken. Einfach umzusetzen ist zum Beispiel auch die Atemachtsamkeit, bei der man sich bewusst nur auf seine Atmung fokussiert und dabei bis zehn zählt. Beim Einatmen zählt man eine eins, beim Ausatmen eine zwei, dann wieder eine drei und so weiter. Bei zehn angekommen fängt man wieder von eins an. Es war erstaunlich, wie der kurze Fokus auf die Atmung den Körper beruhigt, den Herzschlag spürbar verlangsamt und neue Konzentration schenkt. 

Sie sehen, es ist gar nicht so schwer seinen Alltag achtsamer zu gestalten und nur wenige Minuten am Tag reichen dafür aus. Für viele mag das noch Neuland sein – aber es lohnt sich, kurz abzuschalten und neue Energie zu tanken. Probieren Sie es selbst einmal aus. Besonders ein stressiger Arbeitsalltag kann dadurch positiv beeinflusst werden. Und vor allem für unsere Patient*innen erhoffen wir uns durch diesen neuen Kurs und die zusätzlichen Achtsamkeitsübungen positive Effekte für ihre Gesundheit und den Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag nach dem Reha-Aufenthalt. Denn eine langfristige und nachhaltige Gesundheit ist stets unser Ziel.