American Physical Therapy Association empfiehlt Telerehabilitation als gleichwertige Alternative zur herkömmlichen Physiotherapie
von Jann Gerrit Ohlendorf am 30. April 2024
Neue Leitlinie des amerikanischen Verbands steht im Einklang mit Studien von Caspar Health
Für die Physiotherapie ist es eine kleine Zeitenwende: Mit der klaren Empfehlung von Wissenschaftler*innen der Leitlinien-Entwicklungsgruppe der American Physical Therapy Association (APTA), Patient*innen nach Möglichkeit eine Telerehabilitation oder hybride Versorgung anzubieten, steht die digitale Therapie vor einem internationalen Durchbruch. Der Leitlinie des renommierten Verbandes zufolge sind Telerehabilitation oder hybride Modelle, also die Verbindung von Präsenztherapie und digitaler Therapie, als gleichwertige Alternative zu herkömmlichen Physiotherapien anzusehen – und diesen sogar in den Kriterien Therapietreue (Adhärenz) und Zufriedenheit der Patient*innen überlegen. Auch zahlreiche Studien von Caspar Health belegen die Gleichwertigkeit und spezifische Vorteile digitaler Therapie, wenn sie mit hohen Qualitätsstandards angeboten wird. In Deutschland spielt die digitale Therapie bereits in der Rehabilitationsnachsorge und zunehmend auch in der Prävention eine wichtige Rolle.
Für die klinische Praxisleitlinie zur Telerehabilitation hat die APTA, der Amerikanische Verband für Physiotherapie, die aktuelle wissenschaftliche Literatur, klinische Informationen und die anerkannten Praxisbeispiele für Telerehabilitation systematisch überprüft. Im Vergleich zur Therapie mit direktem persönlichen Kontakt wurden keine Nachteile identifiziert.
Die Empfehlungen der APTA richten sich nicht nur an Physiotherapeut*innen in den USA, von denen rund 100.000 in der APTA organisiert sind, sondern an Physiotherapeut*innen weltweit. Sie zielen darauf ab, die Qualität der Patientenversorgung durch den Einsatz fortschrittlicher digitaler Technologien mit hohem belegbaren evidenzbasierten Nutzen zu verbessern und eine zuverlässige Richtschnur für die Behandlung zu bieten. Nach der Veröffentlichung der Leitlinie in englischer Sprache als Onlineversion sind mehrsprachige Publikationen, unter anderem auch in chinesischer und französischer Sprache und Online-Seminare weltweit geplant, um einheitliche Standards für die Telerehabilitation zu etablieren und Menschen weltweit einen besseren Zugang zur Versorgung zu bieten.
Digitale Therapie als selbstverständlicher Bestandteil der Versorgung - weltweit
Die Leitlinien der APTA markieren somit einen Wendepunkt in der physiotherapeutischen Versorgung, indem sie den Fokus auf digitale Lösungen legen, um die Behandlung zugänglicher und flexibler zu gestalten. Digitale Therapie wird von der APTA als selbstverständlicher und dauerhafter Bestandteil einer modernen und leistungsfähigen Versorgung für Patient*innen weltweit betrachtet.
Dr. Sebastian Knapp, Leiter Klinische Studien bei Caspar Health, sagt über die Leitlinien: „Die APTA sendet ein eindeutiges Signal aus. Ihre Empfehlungen reflektieren die sorgfältige Abwägung von Nutzen, potenziellen Risiken und Kosten und bestätigen, dass der Nutzen die Risiken deutlich überwiegt. Die Evidenz ihrer Analysen ist von guter Qualität. Dies unterstreicht die Zuverlässigkeit und den Wert der Leitlinien, die nun mit dem Ziel einer internationalen Etablierung weiter vorangetrieben werden sollen.”
Die Zeitschrift „PT“, die bereits auf Basis der Online-Veröffentlichung über die bahnbrechende Leitlinie berichtet hat, resümiert kurz und knapp: „Die Studien zeigen, dass Telerehabilitation eine wirksame Alternative zur konventionellen In-Person-Therapie darstellen kann.“ (Quelle: PT)
Vorteile der Telerehabilitation, Einschränkungen bei Übertragbarkeit
Durch Telerehabilitation bieten sich laut APTA zahlreiche Vorteile, wie sie auch Caspar Health bereits mehrfach in Studien nachgewiesen hat: So heben die Wissenschaftler*innen besonders hervor, dass digitale Therapie einen verbesserten Zugang für Patient*innen zur Behandlung schaffen kann, die in regional weniger gut versorgten Regionen leben oder eingeschränkt mobil sind. Dieses Bild deckt sich mit zahlreichen Auswertungen zur digitalen Rehabilitationsnachsorge. In einem Überblicksartikel, ebenfalls für die Zeitschrift PT, hatten Dr. Sebastian Knapp und Frank Merten die Studienlage rund um die digitale Rehabilitationsnachsorge in Deutschland in der Juli-Ausgabe 2023 zusammengefasst.
So zeigen die bereits publizierten Studien “digIRENA” und “Caspar multimodal”, dass digitale Therapieformen im Nachsorgebereich gleichwertig effektiv sind. In der während der Pandemie im Rahmen der “Caspar multimodal”- Studie ermittelten Ergebnisse der Zufriedenheit zeigten sich die Befragten zudem zufriedener als diejenigen, die mit einer herkömmlichen Behandlungsmethode therapiert worden waren. Was die amerikanischen Wissenschaftler*innen über die Eignung der digitalen Rehabilitation im Rahmen der Physiotherapie aussagen, deckt sich ebenfalls mit Studienergebnissen in Deutschland, die von Caspar Health für eine hybride Therapie bei Rückenbeschwerden auf den Weg gebracht worden war. Auch hier wies die Evaluation zur hybriden Therapie (“HIRE-Studie”) gleichwertige Ergebnisse in der ambulanten Rehabilitation mit digitalen Anteilen nach.
Perspektiven der digitalen Therapie aus praktischer Sicht
Aufmerksam registriert wurden die neuen Leitlinien auch bei der Caspar Clinic, unserem virtuellen Centrum für Gesundheit. Auch Sabrina Rohde sieht in den neuen Richtlinien der ATPT eine Bestätigung für ihr Team in der virtuellen Klinik. Sie hält die Leitlinien zugleich für eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Physiotherapie. „Es ist wegweisend, wie klar der Verband sich dazu bekennt, digitale Therapie als Bereicherung und überaus sinnvolles Betätigungsfeld für Fachkräfte in der Therapie darzustellen.”
In der Vergangenheit hätten Therapeut*innen und auch die Verbände in Deutschland noch mitunter skeptisch auf die Digitalisierung geblickt. Das habe auch daran gelegen, dass einige sich möglicherweise Sorgen gemacht hätten, ob sie perspektivisch noch gebraucht würden. Tatsächlich sei aber das Gegenteil der Fall: “Durch die Integration digitaler Lösungen in unseren Therapiealltag können wir Patientinnen effektiver und flexibler behandeln“, sagt sie. “Tagtäglich sehen wir außerdem mit unserem wachsenden Team der virtuellen Caspar Clinic, wie wir besonders in unterversorgten Regionen oder für Patient*nnen mit eingeschränkter Mobilität einen enormen Mehrwert bieten können. Mich hat es von Anfang an motiviert, durch digitale Lösungen Grenzen zu überwinden und mehr Menschen versorgen zu können. Diese Vision von Caspar Health und Leitlinien mit weltweitem Anspruch, das passt natürlich sehr gut zusammen.”
Was eine weitere Internationalisierung betrifft, so kann die Relevanz der Richtlinien nun durch eine Validierung beispielsweise auch im deutschen System befördert werden. Anforderungen an den Datenschutz und die Berücksichtigung nationaler Vorschriften und der gewachsenen und gerade in der Rehabilitation in Deutschland oft vergleichsweise guten Versorgungsstrukturen sind bei einer Implementierung der Leitlinien zu bedenken. Doch die grundlegenden Vorteile der digitalen Therapie sind unübersehbar und nicht von der Hand zu weisen.