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Interview

Die fünf besten Tipps zum Beckenboden - für Männer, für Frauen, für alle Menschen

von Jann Gerrit Ohlendorf am 20. Dezember 2022

Interview mit Caspar Clinic Therapeutin Nina Lutter & Ticiana Henckel  

Mehr Wissen über den Beckenboden und Beckenbodentraining sollte nicht nur Frauensache sein. Denn während es Frauen oft schon klar ist, wie vorteilhaft ein gut trainierter Beckenboden im Alltag sein kann, ignorieren Männer gern das Geflecht aus Muskeln und Bindegewebe in ihrem Becken - langfristig mit vermeidbar unangenehmen Folgen. Ein trainierter Beckenboden, der die Spannung im richtigen Moment halten kann, kontrolliert auch das “Blasengeschehen”. Sein Nutzen reicht jedoch darüber hinaus. Der Beckenboden ist nämlich ein echter “Lastenträger” für unsere inneren Organe, also Blase, Darm und, je nach Körper, auch die Gebärmutter. Beim Atmen, Sprechen, Singen und Lachen unterstützt der Beckenboden, den man sich dann wie eine gespannte Hängematte vorstellen kann, das Zwerchfell. Kurzum, der Beckenboden ist ein wahres Multitalent. 

Worauf es im Alltag ankommt beim Beckenboden, wissen bei Caspar Health Nina Lutter und Ticiana Henckel sehr genau. Die beiden Therapeutinnen der Caspar Clinic vermitteln  ihr Wissen regelmäßig an Patient*innen der Caspar Clinic und haben dazu auch schon Webinare gegeben. Im Blog teilen sie ihr Wissen, geben praktische Tilpps  und verraten, wieso der Beckenboden sie fasziniert. 

Ticiana Henckel

Ticiana Henckel

“Bei mir kommt die Leidenschaft für das Thema Beckenboden aus dem Physiotherapie-Studium”, sagt Ticiana Henckel. “Meine Dozentin am Studienzentrum in Wannsee hat mich mit ihrer Begeisterung angesteckt - und von ihr stammt der praktische Merksatz für eine schonende Haltung “`Po ins Klo'', den ich oft weitergebe”, sagt sie. Auch die praktische Idee, zur Unterstützung einen Kosmetikeimer oder Hocker im Badezimmer zu platzieren, habe sie von Frau Hauswald übernommen. 

Nina Lutter, ebenfalls Physiotherapeutin, hat beim Thema Beckenboden auch noch eine ganz besondere Erinnerung an die Studienzeit:

Nina Lutter

Nina Lutter

“Auffällig war, dass sich meine männlichen Kommilitonen sehr schwer damit getan haben.'' Dabei ist das Thema für Männer ebenso wichtig. Beckenbodentraining hat Vorteile für jung und alt. “Also am besten nicht abwarten, bis Beschwerden auftreten”, rät sie. Risikofaktoren wie Übergewicht, chronische Verstopfungen oder, ganz besonders, Schwangerschaft und Geburt, sind in jedem Fall eine Strapaze für den Beckenboden. Eine kritische Rolle spielt auch der sogenannte Haltungsverfall, ausgelöst durch eine nachlässige Körperhaltung allgemein, sei es beim Sitzen oder Heben schwerer Lasten. 

Beckenbodentraining ist für alle Geschlechter und alle Altersklassen von Vorteil - aber natürlich auch keine Universallösung für jegliche Probleme der Blase oder im Darm. “Bei Beschwerden sollte immer auch ärztlicher Rat eingeholt werden”,  sagt Ticiana Henckel.

Peinlich ist was Anderes: Ein gut trainierter Beckenboden unterstützt schönen Sex, Lachen und Atmen und bewahrt uns vor Inkontinenz  

Kontraktionen von Muskeln zur richtigen Zeit und am richtigen Ort können uns beim Sex viel Freude bereiten. Seit Jahren verkünden Frauenzeitschriften bereits, dass ein Beckenbodentraining dem Liebesleben sehr förderlich ist. Und das ist grundsätzlich ganz richtig - aber die Vorteile der trainierten Beckenbodenmuskulatur kommen ebenso auch den Männern zugute. Nicht umsonst wird der Beckenboden auch umgangssprachlich als “Liebesmuskel” bezeichnet. Ist er zu schlaff, droht Impotenz. Bei Frauen verbessert ein intakter Beckenboden das Empfinden an den Stellen, auf die es ankommt. So bereitet Sex dann schlicht mehr Freude. Und für alle Menschen gilt gleichermaßen auch: Mit Beckenbodentraining kann leichten Blasenproblemen oft wirksam begegnet werden. 

Als “Schleusenwärter” für den Darm, die Harn- und Geschlechtsorgane kann der Beckenboden bis ins hohe Alter gut funktionieren, wenn die Muskulatur durch gezieltes Training gestärkt und in leistungsfähigem Zustand erhalten wird. 

Doch auch unabhängig vom Training gibt es Praxistipps, die mit dem Beckenboden zu tun haben und die uns den Alltag erleichtern.

Ein aufrechter Gang ist nicht nur attraktiv anzusehen, sondern auch Balsam für den Beckenboden  

Ein schluffiger Gang kann für die Bauchorgane zum Stresstest werden. Die falsche Entlastung der Beckenbodenmuskulatur macht sich dann als Druck auf den Beckenboden bemerkbar. Das gilt auch beim Sitzen. Auf Couch oder Bürostuhl ist aufrechtes Sitzen von Vorteil - aber mit Einschränkungen. Erstens besser gar nicht zu lange sitzen, also wenn möglich immer mal wieder aktiv werden - und dann wissen wir heute auch, dass sich der Körper freut, wenn wir beim Sitzen die Haltung immer mal wieder verändern. 

Beim Heben in die Knie zu gehen, ist kein Zeichen von Schwäche    

Wenn etwas Schweres bewegt werden muss, lohnt es sich, in die Knie zu gehen. Das signalisiert den Bauchmuskeln, dass sie jetzt gefordert sind. Der Beckenboden wird so geschont - also besser beim Heben darauf verzichten, den Rücken zu beugen und die Knie durchzustrecken! Wie im Einzelnen die verschiedenen Muskelgruppen beim Heben zusammenwirken, muss uns nicht weiter interessieren, solange wir bei derart anstrengender Tätigkeit nur weiter ein- und ausatmen. Wer die Luft anhält, bringt die Koordination im Hintergrund durcheinander - keine gute Idee. 

Nur was wir überhaupt wahrnehmen, können wir trainieren 

Die gute Nachricht vorweg, vor allem für Männer: Auch wenn der Beckenboden vielleicht im Leben noch nicht bewusst gespürt worden ist: Es gibt ihn. Bevor man den Beckenboden durch gezielte Anspannung und Entspannung stärkt, gilt es, ihn erst mal "aufzuspüren". Das geht für die meisten Menschen ganz einfach, indem man sich vorstellt, beim Wasserlassen den Strahl bewusst zu unterbrechen. Der Schließmuskel muss dabei so fest angespannt werden, dass sich der gesamte Beckenboden bemerkbar macht. 

Auch gutes Niesen will gelernt sein 

Bahnt sich der Niesreiz seinen Lauf, gilt es im Sinne des Beckenbodens den Druck richtig abzuleiten. Denn die kleine “Explosion” trifft den Beckenboden sonst ganz unvorbereitet. Für Menschen mit einer Beckenbodenschwäche kann das dann dazu führen, dass es in diesen Momenten zu einem unkontrollierten Urinverlust kommt. Daher gilt vorbeugend beim Niesen: Aufrechte Körperhaltung einnehmen, Beckenboden aktivieren und leicht zur Seite drehen und dann über die Schulter niesen. 

Tipp: Einen Eindruck davon, wie Patient*innen der Caspar Clinic im Webinar über den Beckenboden aufgeklärt werden, vermittelt der kurze Clip, der auf der Website der Caspar Clinic aufgerufen werden kann: 

https://caspar-clinic.de/reha-therapie-konzept/live-webinare/