Warum wir unbedingt lernen sollten, erholsam zu schlafen
von Isabelle Scheer am 23. April 2021
Ohne großartig darüber nachzudenken legen wir uns jeden Abend aufs Neue in unser Bett und schlafen. Das ist für unsere Gesundheit elementar wichtig.
Dass Schlafen wichtig ist, wusste unsere Ärztin Dr. Lara Maier durch ihr Medizinstudium schon lange. Als sie dann vor zwei Jahren ein Examen in Lifestyle Medicine absolvierte, wurde ihr der große Stellenwert eines gesunden Schlafes allerdings noch deutlicher. Seitdem hat Lara das Thema für sich entdeckt und möchte ihr Wissen weiter verbreiten. Da ein gesunder Schlaf die Basis für die Gesundheit eines jeden Menschen darstellt, gibt es jetzt auch einen Vortrag in der Caspar Bibliothek dazu. Wir haben uns mit Lara ausgetauscht und sie hat uns erklärt, wie Schlafen funktioniert und welchen positiven gesundheitlichen Effekt man durch einen gesunden Schlaf hat.
Liebe Lara, wie lange hast du letzte Nacht geschlafen?
Gute Frage (lacht). Letzte Nacht habe ich ganz sicher fünf Stunden geschlafen. Es könnten sogar sieben sein, aber bei den ersten zwei Stunden bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich wach oder am Schlafen war. Heute Nacht war also leider nicht ganz so gut.
Bedeutet das, dass diese Menge an Schlaf nicht ausreichend ist?
Generell hat jeder Mensch einen anderen Biorhythmus und ein unterschiedlich hohes Schlafbedürfnis. Ich persönlich bin mit acht Stunden perfekt ausgeschlafen und bewege mich damit in dem medizinisch empfohlenen Rahmen von sieben bis neun Stunden Schlaf. Ein spannender Ansatz, mit dem ich mich aktuell intensiv beschäftige, ist die ayurvedische Lehre. Diese sagt, dass man recht früh, gegen 22 Uhr, schlafen gehen und dann mit dem Sonnenaufgang gegen 6 Uhr aufwachen soll. Dann können die körperlichen Genesungs- und Erholungsprozesse am besten ablaufen. Wenn wir diesem Zyklus folgen, sind wir spannenderweise beim Aufstehen um 6:30 Uhr erholter, als eine Stunde später um 7:30 Uhr.
Wie funktioniert dieser Bio- oder Schlafrhythmus genau?
Unser Körper arbeitet nach seiner inneren Uhr. Durch Licht und Dunkelheit werden Schlaf- und Wachphasen in einem 24 Stunden Rhythmus reguliert. Dies wird auch circadianer Rhythmus genannt. Tageslicht ist für das Gleichgewicht der inneren Uhr sehr entscheidend. Lichteinfall in unser Auge sorgt dafür, dass das Schlafhormon Melatonin produziert wird. Das wird dann bei Dunkelheit ausgeschüttet und fördert so den Einschlafprozess. Wenn wir viel Zeit zu Hause im Dunkeln verbringen, wird weniger Melatonin produziert und wir können schwieriger einschlafen. Deswegen ist es ratsam, am Tag viel Zeit draußen zu verbringen. Außerdem kann es sein, dass wir im Sommer besser schlafen als im Winter.
Dr. Lara Maier
Beim Schlafen selbst durchlaufen wir verschiedene Phasen, die sich ständig abwechseln und zyklisch wiederholen. Neben der Einschlaf- und Leichtschlaf-Phase unterscheiden wir den Tiefschlaf und den REM Schlaf (Rapid Eye Movement). Im Tiefschlaf Stadium werden alle Körperfunktionen zurückgefahren und der Körper regeneriert. Diese Phase wird mit zunehmender Dauer des Schlafes immer kürzer. Die Dauer des REM Schlafs, in dem wir träumen, nimmt dagegen immer weiter zu.
Warum ist Schlafen für uns so wichtig?
Schlaf ist ein lebensnotwendiger Erholungsprozess und unser Körper kann auf Dauer nicht funktionieren, wenn er diese Erholungsphasen nicht bekommt. Da wir etwa ein drittel unseres Lebens für Schlaf benötigen, wird schnell klar, wie wichtig er für unseren Körper ist. Während des Schlafes geschehen viele relevante Prozesse. Dazu gehören Zellerneuerung und Wundheilung, Blutbildung sowie Muskel und Gewebewachstum. Außerdem verarbeiten wir Geschehnisse, wir lernen und unser Immunsystem wird durch die Bildung von Antikörpern gestärkt.
Ein wichtiger Aspekt bei der Erholung und Regeneration ist die “Reinigung” unseres Gehirns. In unserem glymphatischen System werden beim Schlafen Abfallstoffe der Zellen abtransportiert, sodass unser Gehirn am nächsten Tag wieder richtig arbeiten kann. Das Gehirn macht circa zwei Prozent des Körpergewichts aus, aber es verbraucht gleichzeitig 25 Prozent unserer Energie. Das verdeutlicht, wie viel die Zellen dort arbeiten.
Was sind die Folgen von zu wenig Schlaf?
Bereits eine schlaflose Nacht kann zu Unruhe, Erschöpfung und Konzentrationsproblemen führen. Haben wir langfristig nicht ausreichend Schlaf, gerät der Körper in eine Schieflage, die unser Immunsystem schwächt und uns psychisch und physisch krank machen kann. Bluthochdruck, Diabetes, Halluzinationen und Depressionen können dann entstehen. Schlaf ist zwar kein Allheilmittel, aber wer auf einen gesundes Schlaf achtet, kann sehr vielen Krankheiten vorbeugen.
Hast du ein paar Tipps für einen erholsamen Schlaf?
Allgemein ist es ratsam, am Tag mindestens eine halbe Stunde rauszugehen und einen regelmäßigen Schlafrhythmus einzuhalten. Das Bett sollte zudem nur zum Schlafen oder beim Sex genutzt werden: Kein Fernsehen oder Essen. Das hilft beim Einschlafen, da das Bett dann nur mit dem Schlafen assoziiert wird.
Bezüglich Ernährung hilft es, die Hauptmahlzeit mittags zu haben und ein möglichst frühes, leichtes und kohlenhydratarmes Abendessen zu sich zu nehmen. Die bekannte heiße Milch mit Honig am Abend hilft übrigens wirklich, da die Laktose zusammen mit dem Honig durch bestimmte biochemische Prozesse müde macht und den Körper durch die Wärme entspannt. Vermeiden sollte man dagegen Alkohol und Koffein.
Am Abend kann Meditation dabei helfen, den Körper herunterzufahren und müde zu machen. Auf Sport sollte man zwei Stunden vor dem Schlafen gehen dagegen eher verzichten, da es den Körper wach macht. Etwa eine Stunde bevor man Schlafen geht sollte man außerdem nicht mehr auf den Fernseher oder das Handy schauen und das Schlafzimmer ausreichend lüften.
Wenn man zu viele Gedanken hat und dadurch nicht Einschlafen kann, hilft es, diese einfach aufzuschreiben und so aus dem Kopf zu bekommen. Ansonsten sollte man auch nicht ewig wach im Bett liegen bleiben, sondern aufstehen und zum Beispiel etwas lesen, bis man richtig müde wird. Falls Schlafprobleme dauerhaft auftreten und all diese Tipps nicht helfen, sollte unbedingt die Ursache herausgefunden werden.
Was erwartet Patient*innen bei dem neuen Caspar Schlaf Vortrag?
Schlaf ist ein gesundheitlich unglaublich relevantes Thema, wird aber zu selten thematisiert. Daher war es für mich und unser Team bei Caspar wichtig, das Wissen für Patient*innen zugänglich zu machen. Daraus ist ein tolles Projekt mit unserem psychologischen Psychotherapeuten Henrik Grobe entstanden, der das Skript für unser Schlafseminar geschrieben hat. Wer dieses Video anschaut, kann ganz viel daraus mitnehmen und hoffentlich gut und erholsam schlafen - darauf bin ich super stolz.