Verbesserte funktionelle Fähigkeiten durch Tele-Therapie
von Luisa Schumann am 02. Oktober 2020
Eine Studie aus Hong Kong zur Telerehabilitation mit Caspar belegt die gesundheitlichen Vorteile für Patientinnen und Patienten.
Kenneth NK Fong ist Professor für Ergotherapie an der Hong Kong Polytechnic University und forscht schon seit einigen Jahren im Bereich der Telerehabilitation. Vor Kurzem veröffentlichten Fong und Kolleg*innen eine Studie zu Telerehabilitation mit Caspar. Die Studie wurde im Journal of Telemedicine and Telecare veröffentlicht. Seit Anfang des Jahres musste Fong aufgrund der COVID-19 Pandemie schon mehrere Male für einige Wochen von Zuhause arbeiten, inzwischen ist er allerdings zurück in seinem Büro in der Universität. Dort fühlt er sich sichtlich wohl, strahlend blickte er in seine Webcam als wir Anfang September per Videocall mit ihm über seine neue Studie sprachen.
Herr Fong, vor Kurzem haben Sie eine Studie veröffentlicht, welche die Nutzung von Telerehalitation in der Ergotherapie von älteren Hüftfrakturpatient*innen unterstützt. Wie kamen Sie zu dieser Studie?
Schon seit über drei Jahren sind wir mit Caspar Health in Kontakt.
Herr Kenneth NK Fong, Professor an der Hong Kong Polytechnic University
Wir waren sofort interessiert, als wir das erste mal von der Software hörten, weil es bisher nur wenige solcher Programme gibt. Wir entschieden, ein neues Forschungsprojekt zum Thema Telerehabilitation zu starten. Es besteht aus drei Teilen: Zuerst haben wir eine Studie zu Telerehabilitation in der Ergotherapie und eine in der Physiotherapie durchgeführt. Es folgte die gerade veröffentlichte randomisierte kontrollierte Studie in der Ergotherapie. Als nächstes würden wir gerne ein “wearable”, also ein Fitnessarmband, entwerfen, welches mit Caspar funktioniert.
In einer sogenannten “randomisierten kontrollierten Studie” werden Teilnehmer*innen nach dem Zufallsprinzip entweder der Experimental- oder der Kontrollgruppe zugeordnet. Was hatten die jeweiligen Gruppen in Ihrer Studie zu tun?
Beide Gruppen nahmen an einer Rehabilitation teil. Die Experimentalgruppe bekam Trainingspläne für das Heimtrainingsprogramm in der Caspar-App zur Verfügung gestellt und die Kontrollgruppe erhielt ausgedruckte Anweisungen in Papierform.
Was konnten Sie feststellen?
Wir haben uns verschiedene motorische und funktionelle Fähigkeiten unserer Teilnehmer*innen angeschaut. Interessanterweise zeigte die Tele-Reha-Gruppe eine stärkere Verbesserung der funktionellen Fähigkeiten, aber bei den motorischen Fähigkeiten konnten wir keine Unterschiede finden.
Was ist der Unterschied zwischen motorischen und funktionellen Fähigkeiten?
Bei den motorischen Fähigkeiten haben wir vier verschiedene Skalen genutzt um Schmerzrezeption, Beinkraft, Gleichgewichtsfähigkeit und Gehgeschwindigkeit zu messen. Bei diesen vier Faktoren geht es also im Grunde darum, wie gut der Körper funktioniert. Funktionelle Fähigkeiten zeigen hingegen, wie gut eine Person ihre physischen Fähigkeiten im Alltag nutzen kann. Hierfür haben wir uns Aktivitäten des täglichen Lebens angesehen, also zum Beispiel Einkaufen, Wäsche waschen oder Hausarbeit. Dazu gehört aber auch ein Maß für die Angst der Teilnehmer*innen vor einem Sturz die Wahrscheinlichkeit für einen tatsächlichen Sturz.
Also haben die Patient*innen, die Telerehabilitation genutzt haben, eine größere Verbesserung im Alltag gespürt?
Ja genau, so scheint es.
In der Studie schreiben Sie: “Heutzutage wollen die meisten älteren Menschen so lange wie möglich zuhause wohnen. Deswegen wird es immer wichtiger für Anbieter der Gesundheitsversorgung, sie durch digitale Technologien zuhause zu unterstützen, anstatt Krankenhausbesuche zu verlangen.” Denken Sie, diese Tatsache ist die treibende Kraft für den Fortschritt der Telerehabilitation?
Ich denke, es ist unvermeidlich, auch weil immer mehr Menschen sich mit mobilen Technologien auskennen. Das System der Telerehabilitation ist für unsere Patient*innen sehr nützlich, aber wir sind überzeugt davon, dass Telerehabilitation auf Fakten gestützt sein muss. Deshalb haben wir diese Studie durchgeführt.
Unsere Software wird bisher vor allem im deutschen Raum genutzt, wo es ein sehr gut durchdachtes Rehabilitationssystem gibt. Wie kommt es, dass Caspar auch in Hong Kong gut funktioniert?
Das Rehabilitationssystem in Hong Kong ähnelt dem Deutschen sehr. Reha wird hier zu 90 % vom Staat finanziert. Aber auch wenn moderne Technologien hier viel genutzt werden, war Telerehabilitation bisher nicht so populär. Das liegt daran, dass Hong Kong so klein ist, dass die Patient*innen immer gut zur ambulanten Rehabilitation in eine Einrichtung gehen können. Allerdings bekommt die Tele-Reha seit dem COVID-19 Lockdown umso mehr Aufmerksamkeit.
In Deutschland nutzen über 240 Kliniken Caspar für die Teletherapie. Wie sieht es in Hong Kong aus?
Teletherapie ist in Hong Kong keine Neuigkeit, wir kennen hier verschiedene Systeme. Das ist natürlich toll! Ich persönlich denke, dass diese Art der Therapie die konventionelle Therapie weiter verbessern wird. Kliniken sparen Geld und Zeit, wenn sie Teletherapie nutzen, aber sie wird nie vollständig die konventionelle Therapie ersetzen.
Sie glauben also an ein hybrides System, wie es jetzt viele Kliniken in Deutschland nutzen?
Definitiv. Ich glaube, die hybride Therapie ist die Zukunft.
Herr Fong, wie sehen Ihre Pläne für die kommenden Monate aus?
Wir haben verschiedene Pläne für die Tele-Reha-Forschung. Wir entwickeln gerade ein wearable, welches mit Caspar genutzt werden kann, weil wir gerne die Bewegungen der Patient*innen genauer analysieren wollen.
So können Therapeut*innen falsche Bewegungen schneller identifizieren und dafür sorgen, dass Patient*innen länger bei der Therapie dabei bleiben. Das ist allerdings noch ein laufender Prozess, bis zur finalen Version haben wir noch etwas Arbeit vor uns. Außerdem haben wir gerade die Finanzierungszusage für eine Studie über Telerehabilitation an COVID-19-Überlebenden erhalten. Letztlich würden wir Caspar auch gerne für die Prävention einsetzen. Es gibt so viele Möglichkeiten! Ich freue mich schon auf die kommenden Projekte.
Wir freuen uns auch, Herr Fong! Vielen Dank für das Interview. Wir sind gespannt auf das, was kommt!