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Interview

Anders leben, gesünder leben, länger leben mit kardiologischer Rehabilitation und Nachsorge

von Jann Gerrit Ohlendorf am 23. Juni 2023

Warum noch viel mehr Menschen von kardiologischer Rehabilitation und Nachsorge profitieren sollten

Immer mehr Menschen in Deutschland müssen mit einer koronaren Herzerkrankung leben. Die qualifizierte Versorgung der Betroffenen ist dabei äußerst wichtig: Eine medizinische Rehabilitation kann das Risiko, ein weiteres kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden, senken. Sie verringert außerdem die Sterblichkeit und verbessert die gesundheitsbezogene Lebensqualität dauerhaft.

Dafür müssen die Betroffenen jedoch in den meisten Fällen ihren Lebensstil ändern. Die Rehabilitation schafft dafür gute Voraussetzungen. Doch weniger als jede/er dritte Betroffene nutzt ein strukturiertes Rehabilitationsprogramm. Und noch viel weniger Menschen werden anschließend mit einer Nachsorge in den Übergang zum Alltag begleitet, wie das die S3-Leitlinie für kardiovaskulär erkrankte Patient*innen in Deutschland klar empfiehlt.  

Als effektive und sichere Therapieform hat sich alternativ zur konventionellen Nachsorge die telemedizinische Betreuung bewährt. 

Wie diese in der Praxis aussehen kann, hat unser Forschungs- und Entwicklungsteam von Caspar Health in einer Nutzungsempfehlung für Kliniken zusammengefasst. In der Nutzungsempfehlung zeigen wir, wie Kliniken die digital unterstützte Therapie mit der Caspar Software und multimodalen Therapiebausteinen in der Kardiologie einfach, wirksam und schnell einsetzen können.

Ein Vorteil der digital unterstützten Therapie liegt auf der Hand: Sie kann helfen, viel mehr Menschen zu erreichen, weil sie sich meistens besser mit beruflichen und familiären Verpflichtungen sowie örtlicher Verfügbarkeit vereinbaren lässt. 

Doch was ist bei der digital unterstützten kardiologischen Therapie zu beachten? Warum kann digital unterstützte Nachsorge besonders gut dabei unterstützen, Lebensstiländerungen im Alltagshandeln dauerhaft zu erreichen? Was sagen die Patient*innen?

Dazu haben wir mit Hannah Kalitschke, Ärztin im Team der Caspar Clinic, unserem digitalen Centrum für Gesundheit, gesprochen. 

Zur Person 

Hannah Kalitschke ist Ärztin bei Caspar Health. Vor ihrer Zeit bei Caspar Health hat sie eine breite allgemein-, viszeralchirurgische und auch internistische Ausbildung absolviert. Sie war fünf Jahre als Assistenzärztin in der Universitätsklinik in Bonn und anschließend in einem mittelgroßen Krankenhaus in Köln tätig. Nun wohnt sie im Grünen, um mit ihrer Familie die Natur und Jahreszeiten genießen zu können. Ihr ist eine gesunde Lebensweise mit viel Bewegung auch privat wichtig. Ihre Erfahrung: “Nachdem ich draußen war, habe ich mich noch nie schlechter gefühlt als vorher:”

Welche indikationsspezifischen Besonderheiten müssen Kliniken bei der kardiologischen Reha-Nachsorge beachten?

Vieles ist auf den ersten Blick gleich: Ernährung, Bewegung und Entspannung sind für viele Indikationen von zentraler Bedeutung. In der kardiologischen Rehabilitation ist die Wirkung besonders direkt!

So hat eine pflanzenbasierte Ernährung mit wenig Fleisch einen positiven Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko. Beispiele hierfür sind die mediterrane, vegetarische oder vegane Ernährung. Oder denken wir an Kraft- und Ausdauertraining: Das wirkt bei einer kardiologischen Rehabilitation präventiv auf das Fortschreiten der Erkrankung. Außerdem hat Kraft- und Ausdauertraining positive Auswirkungen auf ebenfalls vorliegende Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder das metabolische Syndrom. Genau deshalb ist es so wichtig, dass möglichst viele Menschen an einer qualifizierten Rehabilitation teilnehmen! Sie können dann diese  Zusammenhänge verstehen, beeinflussen und Verantwortung für sich selbst übernehmen. 

Wir wissen inzwischen sehr genau, dass die Lebensstiländerungen wirklich von Dauer sein müssen, damit das Risiko von  Symptomverschlechterungen oder gar einem Re-Infarkt dauerhaft gesenkt werden kann. Viele Ärzt*innen sehen die positiven Effekte während der Rehabilitationsmaßnahmen und machen sich zugleich Sorgen darüber, wie viel davon ihre Patient*innen dauerhaft im Alltag umsetzen werden. Deshalb sind Reha-Mediziner*innen in der Regel aus Überzeugung Verfechter der Nachsorge!

Wie unterstützt Caspar Health den Transfer von neu erlernten Verhaltensweisen in den Patient*innen-Alltag? 

Ein häufiges Problem ist, dass Patient*innen schon 6 bis 8 Wochen nach der Rehabilitation die wichtigen Lebensstiländerungen nicht mehr im Alltag zu Hause dauerhaft beherzigen, weil sich das als schwierig erweist.

Die Nachsorge funktioniert dann gut, wenn sie die Patient*innen an diesem kritischen Punkt, also vom Übergang der Rehabilitation in den Alltag, engmaschig und individuell begleitet!

Die digital unterstützte kardiologische Rehabilitationsnachsorge mit unserer virtuellen Caspar Clinic ist individuell auf die Patient*innen abgestimmt, das heißt, sie setzt genau da an, wo die Rehabilitation vorher aufgehört hat und wo die persönlichen Bedürfnisse des/der Patient*in liegen.

Grundlage sind immer die konkreten Behandlungsziele, die zwischen Patient*in und den jeweiligen Bezugstherapeut*innen vereinbart werden. Diese werden dann mit  ständiger Begleitung durch die/der jeweiligen Bezugstherapeut*innen umgesetzt.

Genau durch diese enge Verbindung zu den Patient*innen können unsere Bezugstherapeut*innen oft den Anstoß dafür geben, dass die Patient*innen ihr Leben dauerhaft aktiver gestalten. Zudem gibt es im Team der Caspar Clinic auch andere Professionen wie Ärzt*innen, Psycholog*innen und Ernährungsberater*innen. Auch sie stehen mit Rat und Tat den Patient*innen zur Seite.

Was sagen die Patient*innen zu dieser neuen Therapieform? 

Bei den Patient*innen kommt die digital unterstützte Rehabilitationsnachsorge in der Kardiologie gut bis sehr gut an! Das wissen wir aus einer Auswertung von Fragebögen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Zeitraum Mai 2021 bis Februar 2023. Die Ergebnisse sind ausgesprochen positiv - für den  wahrgenommenen subjektiven Therapieerfolg ebenso wie für die digitale Reha-Nachsorge als Behandlungsform. Konkrete Zahlen dazu: Rund 88 Prozent bewerteten den Gesamtbehandlungserfolg mit “gut” bis “ausgezeichnet”.

Was mich besonders freut, sind auch die guten Werte für Anregungen im Gesundheitsverhalten. Rund 75 Prozent nannten “mehr Ausdauersport”, rund 70 Prozent gaben an, Entspannungsübungen in den Alltag zu integrieren. Mehr als zwei Drittel, nämlich 68 Prozent, haben verinnerlicht, dass es wichtig ist, die Ernährung umzustellen. Mit den therapeutischen Inhalten waren rund 83 Prozent, mit der therapeutischen Betreuung sogar fast 85 Prozent “eher” bis “sehr zufrieden”. 

Viele Patient*innen berichten im Arztabschlussgespräch, dass sie eine analoge kardiologische Nachsorge nicht hätten absolvieren können aufgrund der Arbeit im Schichtdienst, Pflege von Angehörigen oder zu hohem zeitlichen Aufwand bei langen Anfahrtswegen. 

Die guten Werte sind keine große Überraschung für uns, weil auch bisherige Studienergebnisse immer wieder die gute Akzeptanz der multimodalen digitalen Reha-Nachsorge belegen. Nun können wir das auch für die Kardiologie konkret aufzeigen.