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Interview

Verbessertes Körpergefühl zurückgewinnen durch gezielte Narbenbehandlung nach Brustkrebs

von Luisa Conroy am 18. Oktober 2023

Drei Fragen und Antworten zu einem Thema, das auch die Psyche betrifft

Es ist Brustkrebsmonat: Oktober! Auf der ganzen Welt wird in diesem Monat mit verschiedenen Veranstaltungen das Bewusstsein für das Thema Brustkrebs gestärkt. Und das zurecht! Schließlich erkranken pro Jahr in Deutschland mehr als 66.000 Frauen und mehr als 700 Männer an dieser Form von Krebs.

Mit Jessica Raatschen aus der Caspar Clinic, unserem digitalen Centrum für Gesundheit, haben wir über ein Thema gesprochen, das bei Brustkrebspatient*innen oft zu kurz kommt: die Narbenbehandlung. 

Jessica Raatschen ist studierte Sportphysiotherapeutin und hat viel Erfahrung in der digitalen sowie der manuellen Betreuung von Brustkrebspatient*innen.

Zur Person 

Bevor sie zu Caspar Health gekommen ist, hat sie vier Jahre in einer Rehaklinik mit Schwerpunkt Orthopädie und Kardiologie gearbeitet und danach drei Jahre in einer Allgemeinphysiotherapiepraxis mit Patient*innen aus jeglichem Fachgebiet. Sie sagt, sie könne viele Probleme ihrer Patient*innen mit Krebs auch deshalb nachvollziehen, weil sie das Thema aus der eigenen Familie kennt.

Warum ist eine Narbenbehandlung nach Brustkrebs-OPs besonders wichtig?

Brustkrebs ist für Patientinnen vor allem psychisch sehr belastend. Für viele ist die Brust ein großer Teil ihrer Weiblichkeit und sie sind emotional damit verbunden. So verlieren Patientinnen nach einer großen Operation, ob brusterhaltend oder nicht, ein Stück weit ihr Körpergefühl. Mit der Arbeit an den Narben kann man ihnen helfen, das zurückzugewinnen.

Hierzu ist es wichtig, den Bereich der operierten Brust zu bearbeiten und somit Berührungsängste zu nehmen. Idealerweise kriegt man die Patientinnen so auch dazu, selbst an ihrer Narbe zu arbeiten und sich mit diesem veränderten Teil ihres Körpers zu befassen. Aber neben dem psychologischen Effekt behandeln wir die Narbe natürlich in erster Linie, um Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen zu vermeiden.

Wie wird konkret auf die Narbe eingewirkt?

Narben sind ja häufig nicht nur oberflächlich, sondern gehen durch die verschiedenen Hautschichten. Entlang der Wunden kann das Gewebe verkleben und sich in die umliegenden Faszien ausbreiten. Das kann starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen. Hier arbeitet man mit verschiedenen Abhebe- und Verschiebetechniken, um sicherzustellen, dass das Gewebe nicht verklebt ist und die Narbe schön weich bleibt.

Wie funktioniert Narbenbehandlung digital?

Anfangs ist es gut, wenn jemand den Patient*innen die Angst nimmt. Viele Patient*innen trauen sich nicht, richtig ins Gewebe reinzugehen. Die arbeiten gern oberflächlich und cremen die Narbe ein, aber haben zu viel Angst, die Narbe intensiv zu bearbeiten. Da ist es hilfreich, wenn jemand zeigt, dass sie dort nichts kaputt machen können.

Wenn die Patient*innen dann zu uns in die digitale Nachsorge kommen, fragen wir in der Anamnese nach der Narbe. Dann können wir gut ansetzen und mit hilfe der richtigen Erklärvideos Patient*innen zur selbstständigen Narbenbehandlung anleiten.

Zusätzlich zu der Narbenbehandlung arbeiten wir dann mit Dehn- und Kräftigungsübungen. Nach einer Brust-OP nehmen viele Patient*innen Schonhaltungen ein. Vorne verkürzen sich durch die Operation Faszien und Muskelketten, hinten werden sie durch die Schonhaltung gedehnt. Wir achten also darauf, die Rückenmuskulatur zu stärken und die Brustmuskulatur zu dehnen und zu mobilisieren. Denn wir wollen nicht nur, dass unsere Patient*innen so schnell wie möglich beschwerdefrei sind, sondern auch, dass sie nach der Brust-OP ganz bald wieder aufrecht und stolz durch ihr Leben gehen.