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Was ist eigentlich Telerehabilitation?

von Frank Merten am 19. März 2019

Telerehabilitation

Wir bei Caspar Health leben die Telerehabilitation tagtäglich. Doch was bedeutet der Begriff genau? In diesem Artikel erfahren Sie es.

Ausgangssituation

In den letzten fünf Jahren wurde im Sektor der Rehabilitation in Deutschland viel geforscht. Einige Probleme in der Versorgung wurden dabei immer wieder deutlich: Patienten, die über einen Zeitraum stationär in einer Rehabilitationseinrichtung waren, erreichten durch die verschiedenen Behandlungen einen gewissen Therapieerfolg, konnten diesen jedoch nach der Therapie, also während der Wiedereingliederung in die Gesellschaft zuhause, oftmals nicht aufrechterhalten. Ebenso ist das große Problem der mangelnden Fachkräfte in Deutschland längst kein Geheimnis mehr - einer repräsentativen Erhebung von Deutschlands größtem Statistikportal „Statista“ steigt die Zahl der fehlenden therapeutischen Fachkräfte bis zum Jahr 2025 weiter auf 112.000 an. (vgl. Statista) Und das in einer Zeit, die vor dem Hintergrund des demographischen Wandels mehr denn je auf hochqualitative Rehabilitationsangebote angewiesen ist. (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015)

Bedarf an Pflegekräften

Bedarf an Pflegekräften

Da sich Gesundheitsdienstleister heutzutage generell immer stärker dem Tool der Videokonferenzen im Rahmen der Telemedizin bedienen (vgl. Statista), sowie Patienten oft aus der Ferne beraten, konnte der nächste logische Schritt nur sein, dieses Modell auch auf den Rehabilitationssektor in Deutschland anzuwenden (vgl. Gersony, Alyssa - VRT Consulting Blog). Aus dieser Überlegung entstand also das Modell der Telerehabilitation.

Im folgenden Artikel wird der Begriff definiert, in das Umfeld der „Tele-Gesundheit“ (engl. original „Telehealth“) und der deutschen Gesundheitsversorgung eingeordnet und die typischen Charakteristika, sowie entscheidende Vorteile der Telerehabilitation herausgearbeitet.

Definition - ein vielseitiger Begriff

Unter Telerehabilitation (Abk. „Telereha“) kann man in einer ersten Annäherung allgemein die Durchführung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation unter Nutzung von ICT (Information and Communications Technology - also z.B. Internet-Browser, Smartphone oder Tablet) verstehen. Dadurch können Rehabilitationsleistungen auch über bestehende räumliche und/oder zeitliche Distanzen hinweg angeboten werden (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015). Trotzdem übernimmt die Telereha sicherlich nicht die Aufgabe einer ganzheitlichen Rehabilitationsleistung und kann diese nicht ersetzen.

Nichtsdestotrotz kann Telerehabilitation z.B. hervorragend als Alternative zum sogenannten „IRENA-Verfahren“ (Intensivierte Rehabilitationsnachsorge) (vgl. Deutsche Rentenversicherung)  für die Nachsorge genutzt werden. Zum weiteren Verständnis muss die Gesundheitsversorgung in Deutschland und ihre drei großen Bereiche kurz erläutert werden:

  1. „In der Primärversorgung findet die ambulante Behandlung durch niedergelassene Ärzte und Therapeuten statt.
  2. Als Akutversorgung wird die stationäre Versorgung in einem Krankenhaus bezeichnet.
  3. In der Rehabilitation geht es nach erfolgter Primär- und/oder Akutversorgung darum, umfassend und systematisch die körperliche, berufliche und soziale Leistungsfähigkeit eines Patienten zu fördern bzw. zu erhalten.“ (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015)

Um Letzteres zu erreichen, bietet die Telerehabilitation also eine Alternative zur herkömmlichen face-to-face Behandlung an. Hauptziel ist es, den eingetretenen Rehabilitationserfolg aus der Akutversorgung zu festigen. Hierfür wurden innerhalb der letzten Jahre vermehrt internetbasierte Nachsorgeprogramme entwickelt (vgl. Deutsche Rentenversicherung). Diese helfen Patienten mit moderner Technologie vermehrt und nachhaltig Zugang zu therapeutischen Behandlungen zu erhalten - auch dann, wenn Sie wieder im eigenen Zuhause angekommen sind.

Einordnung in die Telemedizin

Im Folgenden soll es um die Einordnung der Telerehabilitation in den Begriff der „Telemedizin“ gehen. Die Telemedizin ist ein rasant wachsendes Segment des digitalen Gesundheitsmarktes. (vgl. Statista)

„Das hauptsächliche Charakteristikum der Telemedizin ist es, dass 'durch den Einsatz geeigneter technischer Elemente die Aufhebung von räumlicher und mitunter auch zeitlicher Distanz zwischen den verschiedenen Beteiligten einer medizinischen Behandlung’ stattfindet. Dabei muss betont werden, dass in einem ganzheitlichen Verständnis Telemedizin 'ungleich mehr als die reine Technik ist. Es ist die Möglichkeit, Arzt und Patient enger zusammenzubringen und bei der Durchführung der Therapie zu unterstützen.’“ (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015)

Folglich stellt die Telerehabilitation einfach einen untergeordneten Teil der Telemedizin, nämlich logischerweise den der digitalen Rehabilitation, dar. Folgende Abbildung soll den Sachverhalt noch einmal verständlich darstellen:

Telehealth

Telehealth

Typische Charakteristika und Vorteile

Im letzten Teil dieses Artikels ist es nun sinnvoll, ganz pragmatisch die wesentlichen Merkmale der Telerehabilitation und ihre Vorteile herauszuarbeiten. Neben dem Einsatz von ICT sind es die Folgenden:

Anwendungsorientierung

Die Maßnahmen der Telerehabilitation beziehen sich immer auf den konkreten Behandlungskontext. Dieser kann sowohl im häuslichen, stationären oder ambulanten Kontext (siehe Gesundheitsversorgung in Deutschland) gelegen sein. Derzeit unterstützt die Telereha hauptsächlich den weiteren Heilungsprozess im Anschluss an eine ambulante oder stationäre Rehabilitation. So wird ein Beitrag zur Nachhaltigkeit der erzielten Rehaerfolge geleistet. Hier wird besonders deutlich, dass sie eine Verbindung zwischen der Prävention, der Rehabilitation und der Nachsorge herstellen. In ihrer Wirksamkeit steht die Telereha deshalb etablierten Nachsorgeprogrammen in nichts nach. (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015)

Patientenorientierung

Großartig an der Telerehabilitation ist ebenso, dass sie einen direkten Austausch zwischen einem Arzt oder Therapeuten mit einem Patienten herstellt. Es handelt sich also um eine sogenanntes „doc2patient“-Konzept. So kann der medizinische Leistungsbringer immer genau auf die Bedürfnisse der Patienten eingehen und beispielsweise Therapiepläne individuell festlegen. (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015)

Möglichkeit der häuslichen Fortführung und Vernetzung

Unabhängig von der konkreten Indikation (z.B. Kardiologie, Orthopädie, Neurologie, Psychosomatik), können telerehabilitative Systeme bereits sinnvoll in der ambulanten oder stationären Rehabilitationsphase eingesetzt werden. Auf diese Weise können Patienten sich mit dem System unter Aufsicht der behandelnden Ärzte oder Therapeuten vertraut machen, um es im Anschluss mit einer individuellen (meist reduzierten) Taktung und Intensität, jedoch weiterhin mit einer professionellen, medizinischen Betreuung durch das medizinische Fachpersonal, in der Nachsorge zuhause weiter nutzen zu können. (vgl. Fraunhofer Fokus: Bericht Telerehabilitation 2015)

Selbstmanagement des Patienten

Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Telerehabilitation dem Patienten mehr Verantwortung für den Behandlungserfolg zuweist und damit dem Konzept des „Patient Empowerment“ (vgl. Reichardt, Gastmeier) folgt. Der Schlüssel hierbei ist, dass sich die telerehabilitativen Konzepte hervorragend an die jeweiligen Umstände des Patienten (Adaptivität) anpassen und dass der Patient seine individuellen Behandlungsfortschritte durch aktives Feedback kontrollieren und kommunizieren kann.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die digitale Therapie im Rahmen der Telerehabilitation den Patienten viele Vorteile bietet. Sie ergänzt die klassische Therapie ideal, indem der Patient in den Mittelpunkt der Behandlung gerückt wird. Durch internetbasierte Telereha-Software kann er die Frequenz und die Wiederholungsrate von Therapieübungen, Seminaren oder Vorträgen individuell festlegen. Hieraus folgt eine klassisch-gelebte „patienten-zentrierte“ Rehabilitation.  

Wachstum des digitalen Gesundheitsmarktes

Wachstum des digitalen Gesundheitsmarktes

Laut Aussagen vieler Experten ist die digitale Therapie im Rahmen der Telemedizin die Zukunft des Gesundheitsmarktes. (siehe Grafik oben) Der Patient wird in Zukunft selber bestimmen können, wann, wie oft und welche Therapiemaßnahmen er durchführen möchte. Ebenso kann eine viel bessere und intensivere Bindung zwischen Medizin und Patient entstehen, da sowohl medizinische Institutionen wie auch Therapeuten und Ärzte selbst die Möglichkeit haben werden, mit dem Patienten dauerhaft und hochfrequent in Interaktion zu treten. Dies wird durch internetbasierte telerehabilitative Softwarelösungen möglich.